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Lagerfäulen und Saccharoseverluste

  • Langtitel: Bedeutung mikrobiell-induzierter Lagerfäule für die Entstehung von Saccharoseverlusten während der Lagerung von Zuckerrüben und Maßnahmen zur Vermeidung
  • Status: abgeschlossen
  • Mitarbeiter/in: Martin Becker, Dr. Daniela Christ
  • Betreuer/in: Prof. Dr. Mark Varrelmann, Prof. Dr. Christa Hoffmann
  • Kategorie: Lagerung
Donnerstag, 14 November 2019 08:08

Das übergeordnete Ziel des Projektes war, Saccharoseverluste durch mikrobielle Besiedlung nachzuweisen, ihren Anteil zu bestimmen und nachhaltig zu verringern. Dafür sollte zunächst ein Infektionsassay für Lagerfäule entwickelt werden sowie die Aktivität pilzlicher und pflanzlicher saccharoseabbauender Enzyme, die relative Genexpression der kodierenden Gene und die Pilzbiomasse im Rübengewebe bestimmt werden. Darüber hinaus sollten pflanzenbauliche Einflussfaktoren sowie eine Optimierung des Lagermanagements erforscht werden.

"Dieses IGF-Vorhaben des Forschungskreises der Ernährungsindustrie e.V. (FEI) wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert."

 

     

 

 

 

 

Problemstellung

Saccharose aus Rüben (Beta vulgaris L.) ist ein Produkt, das höchste Ansprüche an Verarbeitung und Qualität stellt. Die Wirtschaftlichkeit der industriellen Zuckergewinnung hängt davon ab, wie viel von der ursprünglich in der Zuckerrübe aus dem Feld enthaltenen Saccharose kristallisiert, welcher Anteil zu Gunsten von Melasse verloren geht und wie hoch die Menge an Prozess-inhibierenden Stoffen ist. Die Rübenkampagne läuft derzeit von Mitte September bis Anfang Januar. Zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit muss die Verarbeitungskampagne von derzeit ungefähr 120 Tagen auf 150 Tage ausgedehnt werden. Die Ernte muss jedoch aus Gründen des Bodenschutzes und der rechtzeitigen Aussaat der Folgekultur spätestens Mitte November abgeschlossen sein. Zuckerrüben werden daher über mehrere Wochen bis zur Verarbeitung in Feldrandmieten gelagert. Während der Lagerung kommt es jedoch zu direkten Saccharose-Verlusten von rund 0,1% pro Tag, da ein Teil der Saccharose in einer enzymkatalysierten Reaktion zu Invertzucker umgewandelt wird. Bisher ist unbekannt, welcher Anteil der Saccharosever­luste während der Lagerung auf physiologische Atmungsprozesse der Rübe oder auf mikrobielle Besiedlung zurückzuführen ist. Typische Lagerfäulepatho­gene sind Penicillium spp., Aspergillus spp., Fusarium spp., Phoma betae und Botrytis cinerea. Viele dieser Arten verursachen nicht nur optisch sichtbare Fäulnissymptome, sondern produzieren auch für Mensch und Tier gesundheitsgefährdende Mykotoxine (Abb.1).

Abb. 1

Das Inokulum hierfür befindet sich im Erdanhang, dessen Menge u.a. von der Witterung zur Ernte bestimmt wird. Die Ursachen für Lagerfäule sind jedoch nicht hinreichend untersucht. Ein entscheidender Faktor scheint jedoch die Sortenwahl zu sein. Bisher gibt es aber in Europa noch keine marktfähigen Sorten mit ausgewiesener Lagereignung. Dies liegt vor allem daran, dass es zurzeit keine einfache und ökonomisch vertretbare Testmethode gibt, um Sortenunterschiede festzustellen. Darüber hinaus ist unbekannt, ob eine Selektion eher auf pflanzliche Invertaseaktivität oder auf Resistenz gegenüber La­ger­fäule­pathogenen erfolgen soll.



Entwicklung eines Lagerungsassays


Entwicklung eines Lagerungsassays zur genotypischen Selektion auf Lagerstabilität und zur Simulation von Lagerfäule
Im Rahmen des Arbeitspaketes wurde zunächst ein Assay entwickelt um Lagerfäulen im kleinen Maßstab zu simulieren (Abb.2).

Abb. 2 Inokulation von Zuckerrüben mittels Korkbohrer

 

 

 

 

 

 

Dieses Assay wurde für Feld- und Gewächshausrüben optimiert und mit verschiedenen Lagerungspathogenen getestet (Abb. 3).

Abb. 3 Bonitur des nekrotischen Gewebes im Längsschnitt (links) und Frischmasse des nekrotischen Gewebes je Einzelrübe (rechts) in Abhängigkeit von Genotyp und Lagerdauer. Nach Inokulation mit F. graminearum erfolgte eine Lagerung im Klimaschrank bei 20 °C und 80 % rLF. Die Fehlerbalken zeigen die Standardabweichung. (n=20; Tukey P<.05)

 

 

 

 

 

 

 

 


Für die Validierung wurden verschiedene Zuckerrüben Genotypen mit dem Assay auf ihre Lagerstabilität untersucht und mit den Ergebnissen einer Langzeitlagerung verglichen. Der Invertzuckergehalt wurde dabei als Kriterium der Lagerstabilität herangezogen und zeigte eine deutliche Korrelation der beiden Lagerungsmethoden. Das Assay stellt somit eine zeit- und kostengünstige Alternative für die Analyse von Lagerfäulen an Zuckerrüben dar.

Nachweis der Beteiligung mikrobieller Besiedlung am Saccharoseabbau während der Lagerung


In diesem Arbeitspaket wurden Zuckerrüben mit den beiden Lagerfäuleerregern Fusarium graminearum und Botrytis cinerea inokuliert und der Einfluss der entstandenen Fäule auf die Entwicklung des nekrotischen Gewebes, der Saccharosekonzentration, sowie der pilzlichen Biomasse im Rübengewebe untersucht. Es zeigte sich, dass vor allem im nekrotischen Gewebe die Aktivität der Saccharose abbauenden Enzyme detektiert werden konnte. Um zu evaluieren, ob pflanzliche oder pilzliche Enzyme für die durch Fäulen verstärkten Zuckerverlust während Lagerung verantwortlich sind, wurde die Expression von sechs pflanzlichen, sowie zwei pilzlichen Kandidatengenen untersucht. Es konnten zwei pflanzliche Enzyme ermittelt werden, deren Expression durch die Lagerfäule deutlich induziert wurde und die dadurch vermutlich eine wichtige Rolle bei den beobachteten Saccharoseverlusten spielen. Die pflanzliche Reaktion unterschied sich dabei nicht in Abhängigkeit des Lagerfäuleerregers. Die Auswertung ergab weiterhin, dass nur eine sehr geringe Biomasse des pilzlichen Erregers (Abb. 4) während der untersuchten Lagerungsdauer gebildet wurde. Aus diesem Grund kann davon ausgegangen werden, dass die pilzlichen Saccharose abbauenden Enzyme eine geringe Rolle bei den Saccharoseverlusten während der Lagerung spielen.

Abb. 4 Ausprägung der Fäulnis, verursacht durch künstliche Inokulation mit Fusarium graminearum, in Zuckerrüben zweier kontrastierender Geotypen im Gewächshaus zu verschiedenen Lagerungszeiten (21 und 28 Tage) nach Inokulation (dpi = days past inoculation)



 

 

 

 

 

 

 

Verletzung von Zuckerrübe durch unterschiedliche Rodertechnik und Auswirkungen auf die Lagerfähigkeit


In diesem Arbeitspaket wurden Zuckerrüben unter realen Bedingungen von aktuell auf dem Markt erhältlichen Rodertypen geerntet und anschließend eingelagert. Es zeigte sich, dass sich die verwendete Rodertechnologie signifikant auf das Ausmaß der während der Ernte herbeigeführten Verletzungen auswirkte. Weiterhin wurden nach einer Lagerung von 12 Wochen signifikante Unterschiede in Bezug auf die Ausprägungen von Lagerfäulen, sowie den Zucker- und Invertzuckergehalt ermittelt (Abb. 5+6).

Abb. 5 Bonitur auf Lagerfäule/Pathogenbefall in Abhängigkeit vom Rodertyp. Mittelwerte aus fünf Wiederholungen à 20 Zuckerrüben. Bonitiert wurde die Anzahl der befallenen Zuckerrüben, wobei die Größe der befallenen Stelle nicht berücksichtigt wurde. Die ungelagerte Kontrolle zeigte keinen Befall und wurde daher nicht dargestellt. Die Fehlerbalken zeigen die Standardabweichung. (n=5; Tukey P<.05).Abb. 6 Invertzuckergehalt in Abhängigkeit vom Rodertyp. Mittelwerte aus fünf Wiederholungen à 20 Zuckerrüben, die für die Invertzuckeranalyse zu einer homogenen Breiprobe verarbeitet wurden. Die Fehlerbalken zeigen die Standardabweichung. (n=5; Tukey P<.05).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Rodersystemvergleich

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